Einige der vom Straßenverkehr bekannten Verkehrsregeln wie die Alkoholgrenze gelten auch auf dem Wasser. Andere Regeln sind deutlich anders, so darf der Inhaber eines Sportbootführerscheins auch bei bestehender Führerscheinpflicht eine weitere Person mit dem Rudergang beauftragen, solange er sich an Bord befindet. Von besonderer Bedeutung und mit starken Abweichungen vom Straßenverkehr versehen sind die Ausweich- und Vorfahrregeln auf dem Wasser.

Die grundsätzlichen Ausweichregeln

Die Ausweichregeln gehören zu den Kollisionsverhütungsregeln und gelten auf hoher See und auf den mit dem Meer verbundenen Gewässern, sofern keine abweichenden Sondervorschriften bestehen. Ihr Grundsatz lautet, dass Ausweichmanöver bevorzugt von Booten durchzuführen sind, die auch leicht ausweichen können. Dementsprechend sind manövrierunfähige Fahrzeuge zu kennzeichnen, damit andere Boote ihre Ausweichpflicht erkennen. Bei der Begegnung zwischen Motorbooten und Segelschiffen gilt der Grundsatz, dass Motorschiffe zum Ausweichen verpflichtet sind. Mit einem Zusatzmotor ausgestattete Segelschiffe werden bei der Verwendung des Motors als Motorboote eingestuft. Bei der Begegnung gleichartiger Wasserfahrzeuge richten sich die Ausweichvorschriften gegenüber Segelbooten nach den Windverhältnissen. Motorboote weichen hingegen bei einer Begegnung immer nach Steuerbord (rechts) aus, während bei einer Kreuzung das von dort kommende Boot Vorfahrt hat. Abweichend von den üblichen Ausweichvorschriften gilt für überholende Wasserfahrzeuge eine generelle Ausweichpflicht.

Abweichungen von den grundsätzlichen Ausweichregeln

Verkehrstrennungsgebiete sind Wasserwege mit nach Richtung getrenntem Verkehr. Diese lassen sich anhand der Markierungen auf Seekarten erkennen und müssen von Motorschiffen mit einer Länge von mehr als zwanzig Metern eingehalten werden. Die entsprechenden Schiffe haben in Verkehrstrennungsgebieten Vorrang vor allen anderen Wasserfahrzeugen, so dass der grundsätzliche Vorrang von Segelschiffen vor Motorschiffen dort nicht gilt.

Dass manövrierunfähigen Schiffen auszuweichen ist, ergibt sich aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme auf dem Wasser. Für Binnengewässer gelten besondere Vorschriften, deren Kenntnisnahme vor dem Befahren notwendig ist. Auf vielen Seen räumen die Nutzungsbedingungen der Personenschifffahrt Vorrang vor Sportfahrzeugen ein, meistens besteht eine Ausweich- beziehungsweise Wartepflicht für die von einmündenden Flüssen kommenden Schiffe. Im Gegensatz zum Straßenverkehr können sich Schiffsführer nicht darauf verlassen, dass Verkehrszeichen ihnen die bestehenden Vorfahrtregeln anzeigen. Diese existieren zwar zum Teil an Einmündungen, verbindlich sind aber Wasserstraßenverordnungen und Nutzungsbedingungen für Binnengewässer auch ohne weitere Hinweiszeichen.

Rücksichtnahme ist auch auf dem Wasser wichtig

Das Beharren auf der Vorfahrt ist auf See ebenso wie auf der Straße nicht zu empfehlen. Der Führer eines kleinen Segelbootes wird auf dem Meer nicht auf seinen Vorrang gegenüber einem Öltanker oder einem Kreuzfahrtschiff bestehen, sondern damit rechnen, von diesem nicht rechtzeitig wahrgenommen zu werden. Die Anforderung der Ausweichpflicht mit dem Ausruf „Raum“ bleibt wirkungslos, wenn das Personal des auf Kollisionskurs liegenden anderen Schiffes den Ruf nicht hört.

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